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Mannheimer Salons
Frisch auf den Tisch  | Frühjahr 2016:
    
Wo die Musen thronen 
 
 
z.B. Ana Laibachs "Blumenfressersalon" in R7 mit der mythologisch bedeutsamen Hausnummer 40, ist, wie der Szenekundige weiß, ein Atelier, das zu gewissen Zeiten multifunktional genutzt wird. Mit dem gleichnamigen Nürnberger Literaturmagazin oder László Darvasis Roman hat Anas Salon nichts zu tun. Lediglich der poetische Name verweist vage auf eine gewisse spiritual affinity.
Unweit des im Bau befindlichen, ganze zwei Quadrate umfassenden Erlebnis-Centers der DIRINGER & SCHEIDEL Unternehmensgruppe gelegen, kann der Ortsunkundige das bescheidene Entre der schönen Künste – magere Schreibschrift auf schwarzem Grund - leicht übersehen. Besonders in sternenlosen frostigen stockfinsteren Nächten wie jetzt, zum Frühlingsanfang. Noch dazu an einem Freitagabend, wenn man nach Job burnout simpel nach chill out lechzt. Aber bei Ana ist
Le Rex zu Gast und so stochern wir, die dunkel aufragende Shop-until-you-drop-Destination im Rücken, nach der tuchverhangenen Tür, durch die lanzettartig Lichtschein fällt.  
 
 
Unser Blick beginnt sofort reflexartig den Ort zu scannen: dunkle Gestalten mit Kapuzen umringen ein glühendes Rechteck, von dem ein sich akrobatisch empor arbeitendes Rohr abgeht; schlauchartiger Raum; ein mit Blumenmuster bedrucktes Tuch, safrangelb mit extraterrestrischer Strahlkraft, trennt die ca. 200 Quadratmeter in Performance-, Aktions- und Arbeitsraum.  
 
Schwarz auf Weiss,
Gesamtgrösse 180 x 1500 cm
Ausschnitt, 180 x 810 cm, Acryl auf Leinwand, 2014Die auf der Wandfläche präsentierten Exponate visualisieren die grenzüberschreitende Lust der Künstlerin Divergierendes leichthändig anzuordnen. Narratives reiht sich an Abstraktes, Großformatiges an Kleinteiliges, puristisch schwarz/weiße Gothic-Fiction sieht sich vis-à-vis kosmisch anmutender, seltsam ausgebleichter Farbflächen auf schwarzer Leinwand. Näher in Augenschein genommen, glauben wir schemenhafte Gestalten von Tieren und Pflanzen zu erkennen. Pflanzenverschlingende, katerstiefelnde, flugartistische Fabelwesen. Artefakte: wie zufällig arrangiert. Gerne auch zu Klängen. Zum Beispiel denen der Schweizer Formation Le Rex: Vier Blechbläser plus Schlagzeuger, die lärmig laut mit anachronistischer Spielfreude Bepop mit Rhythm´n & Blues und Free-Jazz Elementen mixen.
Fliege Gefunden, sie war oder stellte sich tot ... Küchenschabe ... Nachtfalter ruhend ...
 
Das Publikum, unter und über 30 [Jahre], Anas Bier- und Schulbänke drückend, trägt kein Prada, sondern leger Pelziges, Sakkos und Grobmaschiges, wippt leichtfüßig seine Gliedmaßen und nippt an Anas neben einer Spendenbox drapierten Getränken.
Als man sich lange vor!? Mitternacht aus Ana Laibachs Blumenfressersalon verabschiedet, fällt der Blick auf den Werbeslogan am Baustellenzaun: "Das Stadtquartier, der perfekte Mix aus shoppen, wohnen und leben". Richtig: Hier gibt’s lifestylegemäße Wellnesskultur.  
 
novosibirsk, 2007 pipila2
 
Die Schönen Künste aber, wo die Blumenfresser wohnen. Wie lautete nochmal der Aphorismus des Hippokrates, der vom Leben und der Kunst handelt?